Die HuK und die Initiative Kirche von unten (IKvu) sind etwa zur selben Zeit entstanden. Das ist mehr als 30 Jahre her und beide stehen heute auf einer guten thematischen Grundlage. Viele der Dinge, die uns bewegen, sind â leider â noch immer aktuell. In der IKvu sind es einerseits die Themen der aktuell 38 Mitgliedsgruppen des Netzwerks, andererseits solche, die sich darĂŒber hinaus als christlich-politische Themen von unten entwickelt haben. Die IKvu verfĂŒgt ĂŒber hervorragende Kontakte zu Theologen/-innen, Politikern/-innen, Wissenschaftlern/-innen und KĂŒnstlern/-innen. Ihr mit groĂer KreativitĂ€t geplantes Programm bei den letzten Kirchen- bzw. Katholikentagen zeugt von dieser Vielfalt. Leitungsteam und GeschĂ€ftsfĂŒhrer der IKvu regen AktivitĂ€ten und Kooperationen zunĂ€chst mit den eigenen Gruppen und darĂŒber hinaus an.
Bei jeder Delegiertenversammlung (einmal jĂ€hrlich im FrĂŒhjahr) kommen Neue wie Alte, vor allem aber Neugierige zusammen. Es gibt innerhalb des Netzwerks Mitgliedsgruppen, die fast immer prĂ€sent sind. Die HuK gehört dazu. Manche Gruppen bestehen nur aus wenigen Personen, denen aber das Dabeisein in der IKvu sehr wichtig ist.
Wie ist nun die Perspektive fĂŒr die Zusammenarbeit von HuK und IKvu zu sehen? Da es heute die Katholikentage von unten in ihrer klassischen Form nicht mehr gibt, ist unser gemeinsames Auftreten nicht zwingend erforderlich. HuK und IKvu haben sich, wie beschrieben, in den letzten Jahren weiterentwickelt. Die Art und Weise, wie Veranstaltungen, Gottesdienste und Feste geplant werden, ist nicht ohne weiteres kompatibel. Allerdings wurden die gemeinsamen Zentren von HuK und IKvu bei den Katholikentagen in SaarbrĂŒcken 2006 und OsnabrĂŒck 2008 sowie die gemeinsame Herbsttagung 2007 in Bielefeld (âKirche der Befreiung â Kirche mit Zukunftâ) von allen Beteiligten inhaltlich als positiv empfunden.
GrenzgÀngerin IKvu
âWenn die These stimmt, dass eine erneuerte Kirche weder in zu groĂer NĂ€he noch in zu groĂer Distanz von der âaltenâ entstehen kann, dann gleicht die Aufgabe der IKvu einer Gratwanderung.â
(Michael Steiner, GeschĂ€ftsfĂŒhrer der IKvu von 1993 bis 1999)
Als GrenzgĂ€ngerin ist die IKvu in besonderer Weise von der Verschiedenheit ihrer Mitgliedsgruppen geprĂ€gt. Basisgemeinden, Gruppen, die fĂŒr VerĂ€nderung in den Kirchen eintreten und Gruppen mit christlich-politischer Ausrichtung, sie stehen fĂŒr unterschiedliche Arbeitsweisen und auch fĂŒr verschiedene Ziele. Eine kritische Distanz hatte und hat die IKvu nicht nur zur real existierenden Gesamtkirche, sondern auch zu Gemeinden. Sie hat sich nie systematisch bemĂŒht, ihre Ideen und Anliegen in Kirchengemeinden hineinzutragen.
Logo der IKvu
âSieben Farben finden sich in dem neuen Bild der IKvu. Jede Farbe weist auf ein Eigenes hin â zusammen bilden sie die Farben des Regenbogens und zeigen: âeinmĂŒtige Vielfalt in den verschiedenen Auseinandersetzungen, die soziale Bewegung aktuell fĂŒhrtâ, wie Hans Peter Hauschild 1990 schrieb. Der Regenbogen ist das alte Zeichen, das Jahwe in die Wolken setzte; der Regenbogen ist Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung; der Regenbogen steht fĂŒr Widerstand gegen die Regierung Berlusconi und wurde von Italien ausgehend zum Fanal gegen die neuen Kriege der globalisierten Welt. Eine geheimnisvolle Faszination geht von diesem Zeichen aus, die offensichtlich ungezĂ€hlte Menschen anrĂŒhrt â nicht von ungefĂ€hr: eine mystische, eine spirituelle, eine lebendige Kraft.
Der Regenbogen ist das Lob der Differenz â nicht undifferenziert und naiv, sondern im engagierten Handeln geerdet: Blau â der Kampf gegen Waffen und Krieg, GrĂŒn â fĂŒr Leben inmitten der ökologischen Katastrophe, Violett â fĂŒr Gleichberechtigung von MĂ€dchen und Frauen, Gelb â gegen Rassismus in diesem Land und in der globalisierten Welt, Orange â die Konflikte mit den Kirchenhierarchien und Rosa â gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben. Das Bild wurde ĂŒbrigens von Matthias Lipinski aus der Ăkumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) entworfen, inspiriert von Hans Peter Hauschilds âDie Farben des Regenbogensâ [âŠ].
Rot bezeichnet ökonomische Gerechtigkeit, den Nord-SĂŒd- ebenso wie den Ost-West-Konflikt. FĂŒr Ernst Bloch war es der ârote Faden der Geschichteâ, der sich blutig durch die Zeit windet â nicht nur Fanal und Signal, sondern auch Schibboleth fĂŒr das Leiden und Symbol: fĂŒr das, worauf es hinweist und was es zugleich herausfordert â Handeln, Hoffen und Heilen. Deshalb findet sich der rote Faden in dem Bild der IKvu: Er kommt aus den KĂ€mpfen der Geschichte her und zielt kĂŒhn auf das durch die Auferstehung Jesu Christi versprochene Heil.â (Bernd Göhrig, GeschĂ€ftsfĂŒhrer der IKvu seit 1999)
Chronologie
Datum | Ereignis |
Juni 1977 | GrĂŒndung der AG Homosexuelle und Kirche in Berlin |
Herbst 1977 | Entstehung der HuK-Regionalgruppen Berlin und Frankfurt am Main |
MĂ€rz 1978 | GrĂŒndung der HuK-Gruppe Hannover |
Juni 1978 | Erste Mitgliederversammlung der HuK in Frankfurt am Main |
September 1978 | Kritisch-christliche Gruppen beschlieĂen auf dem Freiburger Katholikentag, fĂŒr 1980 in Berlin einen âKatholikentag von untenâ vorzubereiten, da kritische Positionen beim offiziellen Katholikentag kein Forum finden. |
Herbst 1978 | GrĂŒndung der HuK-Regionalgruppe West |
Juni 1979 |
Das erste Auftreten der HuK bei einem Evangelischen Kirchentag erregt groĂes Aufsehen; 5.000 Menschen bei GroĂveranstaltung. Mehrere schwule MĂ€nner erleben Konflikte mit ihrem kirchlichen Dienstgeber. |
Juni 1980 | Katholikentag in Berlin. Schwerpunktthemen: Die RĂŒstungsfrage sowie der innerkirchliche Dialog (insbesondere die Professoren KĂŒng und Metz betreffend). Die HuK wirkt beim Katholikentag von unten mit. |
September 1980 | GrĂŒndung der Initiative Kirche von unten durch Delegierte der ca. 30 Gruppen, die am Katholikentag von unten beteiligt waren. |
RĂŒckblick und Ausblick
Die HuK war von Anfang an aktiv in der IKvu. Sie nutzte die Katholikentage von unten, um schwul-lesbische Themen einem breiten interessierten Publikum vorstellen zu können. Vielen in der HuK war und ist es wichtig, ĂŒber den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Dabei ist die Vielfalt der Themen, die uns und andere Christen/-innen bewegten, bewegend: Frieden, soziale und globale Gerechtigkeit, Befreiungstheologie, Ăkumene sowie das Eintreten fĂŒr eine geschwisterliche Kirche.
Durch die Vernetzung mit vielen (Basis-)Gruppen, die in Àhnlicher Richtung unterwegs sind wie wir, profitiert die HuK. Allerdings macht sich diese Netzwerkarbeit nicht von selbst. Jede Mitgliedsgruppe der IKvu bringt sich personell wie finanziell ein. Mehrfach arbeiteten Vertreter der HuK im Koordinationskreis der IKvu und spÀter im Leitungsteam, mit. Die HuK war an allen relevanten Entscheidungen, die die IKvu traf, beteiligt.
Seit 1994 ist seitens des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sowie des Katholikentags eine zunehmende Ăffnung auch fĂŒr (kirchen-)kritische Themen zu beobachten. Alte Streitpunkte hatten sich verĂ€ndert und viele Menschen gewannen den Eindruck, es brauche gar keinen Katholikentag von unten mehr. Die gesamte Lage hatte sich also verĂ€ndert. Und ein âWeiter so!â konnte es fĂŒr die IKvu nicht geben. Das Netzwerk musste sich neu aufstellen. Die alte Fixierung auf kirchenkritische Fragen, vorwiegend römisch-katholischer Natur, war nicht mehr tragfĂ€hig. Auch an dieser Umgestaltung des Netzwerks IKvu, das seit 2003 das Wort âĂkumenischâ im Namen trĂ€gt, war die HuK maĂgeblich beteiligt. Seit dieser Zeit haben sich immer mehr evangelische Gruppen und Gemeinden angeschlossen.
Es liegt auf der Hand, dass nicht alle, auch nicht in der HuK, diese Ăffnung begrĂŒĂt haben. Das Heraustreten aus der kirchenkritischen Ecke und die Hinwendung zu Themen wie Globalisierung, Kirchenasyl, interreligiöse Kontakte, sexuelle Gewalt, um nur wenige zu nennen, hat manche irritiert. Sicher beinhaltet diese Ăffnung der IKvu aber auch zahlreiche Chancen. Wer stets bereit ist zum Neuaufbruch, wird sie nutzen können â persönlich ebenso wie in der Zusammenarbeit von Bewegungen, Gruppen und Netzwerken.
Links
Ăkumenisches Netzwerk Initiative Kirche von unten
Kleine Kirchengeschichte von unten
Delegierter
Thomas Wagner
SaargemĂŒnder StraĂe 58
66119 SaarbrĂŒcken
Telefon: 0681 53860