Katholisches LSBT+ Komitee und #OutInChurch begrüßen Beschlüsse der Synodalversammlung zu Segensfeiern und zur geschlechtlichen Vielfalt – und fordern Umsetzung der Beschlüsse auf allen Ebenen der Kirche
Mit sehr respektablen Mehrheiten hat die Vollversammlung des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Deutschland Texte zu Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare und zum Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt beschlossen. Auch die vorgesehene Zustimmung der Bischöfe wurde erreicht. Zeitnah sollen Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt werden. Queere Menschen sollen in die Beratungen darüber einbezogen werden.
Die Kirche wird aufgefordert, das Bewusstsein und die Sensibilität für das Thema geschlechtliche Vielfalt zu schärfen und eine wertschätzende Sprache zu verwenden. Deutsche Bistümer sollen es möglich machen, für intergeschlechtliche Kinder einen Geschlechtseintrag im Taufregister wegzulassen oder „divers“ einzutragen. Ihnen wie auch transgeschlechtlichen Gläubigen soll ermöglicht werden, ihren Personenstand im Taufregister ändern zu lassen. Trans- und intergeschlechtlichen Gläubigen sollen Segensfeiern für ihre Partnerschaft offen stehen. In allen Diözesen sind LSBTI*-Beauftragte einzusetzen. Das Engagement von inter- und transgeschlechtlichen Personen in kirchlichen Beschäftigungsverhältnissen und Ehrenamt ist zu stärken.
Die Synodalversammlung empfiehlt dem Papst, dafür zu sorgen, dass sich die Kirche von Ansichten distanziert, die Inter- und Transgeschlechtlichkeit als krankhafte, negative oder gar sündhafte Abweichung darstellen. Die körperliche und psychische Integrität und Gesundheit der Menschen ist zu schützen; medizinische Eingriffe an intergeschlechtlichen Kindern zu einer geschlechtlichen „Vereindeutigung“ in Richtung männlich oder weiblich sowie sogenannte Konversionstherapien an transgeschlechtlichen Menschen sind zu verurteilen.
Markus Gutfleisch, Co-Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees begrüßt die Verabschiedung der beiden Handlungstexte: „Die Synodalen wollen eindeutige Veränderungen des kirchlichen Handelns. Die Zeit von ewigen und folgenlosen theologischen Diskussionen muss vorbei sein. Das Komitee dankt allen, die an der Vorbereitung der Texte mitgewirkt und sie in der Vollversammlung unterstützt haben, besonders den queeren Synodal*innen für ihren großartigen Einsatz. Dennoch sind wir enttäuscht, dass kurzfristig einzelne Passagen vor allem zu Segnungen verwässert und abgeschwächt wurden. Es bleibt unverständlich, warum der endgültige Beschluss so vehement betont, dass sich eine Segnungsfeier für
gleichgeschlechtliche Paare von einer sakramentalen Trauung unterscheiden müsse. Das läuft, ob gewollt oder nicht, auf eine Abwertung anderer Partnerschaften hinaus.“
Veronika Gräwe, Co-Sprecherin des Katholischen LSBT+ Komitees stellt fest: „Leider spricht der Handlungstext die Verurteilung gleichgeschlechtlicher Liebe als schwere Sünde im Katechismus noch nicht mal an. Hier aber liegt das Kernproblem aller Diskriminierung in der römisch-katholischen Kirche. Die Beschlüsse der Synodalversammlung dürfen kein Endpunkt sein, vielmehr kommt es jetzt darauf an, sie auf allen Ebenen der Kirche umzusetzen und damit den Versöhnungswillen der Kirche deutlich zu machen. Hier gilt es sich auch der weltkirchlichen Verantwortung zu stellen und Solidarität mit unseren queeren Geschwistern in der Weltkirche zu üben.“
Burkhard Hose erklärt für den Vorstand von #OutInChurch: „Weniger Diskriminierung ist noch kein Grund zum Feiern, zumal die jetzt beschlossenen Handlungstexte nicht das Grundproblem, nämlich die diskriminierende Lehre mit ihrer systematischen Abwertung queerer Menschen angehen. Ohne Zweifel sind wir heute einen deutlichen Schritt weiter als noch vor zwei Jahren, auch dank der Menschen, die mit unserer Kampagne #OutInChurch im Januar 2022 an die Öffentlichkeit gegangen sind. Es wird künftig Segensfeiern geben und die katholische Kirche in Deutschland hat sich erstmalig eindeutig positiv zur geschlechtlichen Vielfalt bekannt. Wir bleiben aber weiterhin skeptisch, denn die Beschlüsse sind vor allem dem Druck von außen und der Beharrlichkeit der nicht-bischöflichen Synodal*innen zu verdanken. Was bedeuten die Beschlüsse für queere Menschen, die in Bistümern leben, deren Bischöfe mit Nein zu Segnungsgottesdiensten gestimmt haben? Der angekündigte Prozess, in dem erst ein Formular für Segensfeiern erarbeitet werden soll, ist eine unnötige Verzögerungstaktik. Längst gibt es gründlich erarbeitete Vorlagen und eine jahrelange Praxis. Morgen könnte es losgehen mit der Umsetzung in den Diözesen, wenn man denn wollte.“
Das Katholische LSBT+ Komitee
ist ein kirchenpolitisches Arbeitsbündnis von Katholik*innen aus verschiedenen christlichen LSBT+ Gruppen und setzt sich für die Gleichberechtigung von LSBT+ Personen in der römisch-katholischen Kirche ein. Zu den Mitgliedsgruppen zählen Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V., Netzwerk katholischer Lesben e.V. (NkaL), AG Schwule Theologie e.V., Katholische Schwule Priestergruppen Deutschlands (KSPD), KjGay der KjG (Katholische junge Gemeinde), Lesbischwule Gottesdienstgemeinschaften (LSGG), Initiative Homo Cusanus. Das Katholische LSBT+ Komitee ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft katholischer Organisationen Deutschlands (AGKOD).
Pressekontakt
Veronika Gräwe,
Markus Gutfleisch,
#OutInChurch – für eine Kirche ohne Angst
ist eine Initiative von über 500 LSBTIQA+ Menschen, die hauptberuflich oder ehrenamtlich in
der römisch-katholischen Kirche tätig sind. Die Initiative ging im Januar 2022 mit einem
kollektiven Coming-out und einem Manifest an die Öffentlichkeit. In der begleitenden ARD-
Dokumenatation „Wie Gott uns schuf“ werden über 100 Mitwirkende vorgestellt.
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