Nicht ĂŒber die Lippen gebracht – Synode stellte Weichen, hat aber keinen Fahrplan

Am Samstag hat die erste Weltsynode der katholischen Kirche, bei der auch Laien abstimmungsberechtigt waren, einen etwa 40-seitigen Zwischenbericht verabschiedet. Veronika GrĂ€we und Markus Gutfleisch, Sprecherin und Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees, ziehen eine erste Bilanz: „Zuhören und Barmherzigkeit alleine lösen das Problem queerer Menschen mit der Kirche nicht. Eine Änderung der Sexuallehre ist dringend erforderlich. Diese darf nicht auf unbestimmte Zeitpunkte in der Zukunft verschoben werden.“

Das Synodendokument schlĂ€gt wichtige Schritte vor, wie die hierarchische zu einer synodalen Kirche umgebaut werden kann. Im Blick auf LSBTI+ Personen in der Kirche enthĂ€lt der Zwischenbericht – die endgĂŒltigen Entscheidungen sollen in einem Jahr getroffen werden – keine großartigen Fortschritte. Er nimmt einige Weichenstellungen vor, aber der genaue Fahrplan bleibt unklar.

Entscheidend fĂŒr eine Änderung der Sexualmoral ist das EingestĂ€ndnis, dass die bisherigen Kategorien der katholischen Kirche nicht ausgereicht haben, um der KomplexitĂ€t im Hinblick auf Themen wie GeschlechtsidentitĂ€t, körperliche Vielfalt und sexuelle Orientierung gerecht zu werden. Es besteht Einigkeit darĂŒber, dass die theologische Perspektive durch Human- und Sozialwissenschaften und Philosophie erweitert werden muss. Um hier voranzukommen, schlĂ€gt der Zwischenbericht den Austausch mit Expert:innen vor, wobei man, so heißt es, sich dafĂŒr die nötige Zeit nehmen soll. Weiter betont die Synode, dass es Menschen gibt, die sich wegen ihrer Ehesituation, ihrer IdentitĂ€t und ihrer SexualitĂ€t an den Rand der Kirche gedrĂ€ngt fĂŒhlen. Ihnen soll die Kirche besser zuhören, um die Achtung ihrer WĂŒrde zum Ausdruck zu bringen.

„Was hier ĂŒber den Umgang mit LSBTI+ Personen gesagt wird, bleibt blass“, meint Veronika GrĂ€we, Co-Sprecherin des Komitees. „Die Kirche muss jetzt handeln. Eine ‚Kirche des Zuhörens‘ wĂ€re zwar ein Schritt in die richtige Richtung, reicht jedoch bei Weitem nicht aus, um queeren Menschen eine sichere und menschenfreundliche Heimat zu bieten.“

Markus Gutfleisch, Co-Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees, kommentiert die Ergebnisse so: „Die Synode hat das Wort LSBTI nicht ĂŒber die Lippen gebracht; unsere zentralen Anliegen wie die Änderung des Katechismus, die Segnung von gleichgeschlechtlichen bzw. queeren Paaren und der vorurteilsfreie Zugang zu kirchlichen Ämtern werden im Zwischenbericht nicht angesprochen. Damit ist wieder mal eine Chance vertan. Die deutschen Bischöfe mĂŒssen jetzt den Diskussionsprozess ĂŒber die Änderung der Sexualmoral aktiv unterstĂŒtzen und sich in internationale GesprĂ€chsformate einbringen“.

Veronika GrĂ€we kritisiert: „Wie schon beim Synodalen Weg in Deutschland sind Frauen auch bei der weltweiten Synode die großen Verliererinnen, da ĂŒber die Forderung nach einer Predigterlaubnis hinaus nichts Greifbares zustande gekommen ist. Nicht-binĂ€re Personen werden durch die binĂ€re Sprache, die nur MĂ€nner und Frauen kennt, weiterhin ignoriert und ausgegrenzt.“

GrĂ€we und Gutfleisch sehen sich ermutigt, weil der Verlauf der Versammlung gezeigt hat, dass die Fragen queerer Menschen in allen Erdteilen gestellt werden. Sie weisen darauf hin, dass der Reformstau in der katholischen Kirche immens groß ist. Dem Katholischen LSBT+ Komitee ist allerdings nicht klar geworden, ob die Weltsynode dezentrale Lösungen und konkrete Entscheidungsfreiheit fĂŒr Ortskirchen unterstĂŒtzt. „Wenn die Kirche wirklich synodal werden will, muss sie queere Menschen auf jeden Fall einbeziehen, in Gremien von Expert:innen wie auch in Pastoral- und Mitbestimmungsgremien auf allen Ebenen. Wir als Komitee werden uns weiter mit internationalen ReformkrĂ€ften vernetzen und klare RĂŒckmeldungen an Rom geben. Nur dann wird es zu spĂŒrbaren VerĂ€nderungen kommen“, so die Sprecherin und der Sprecher des Katholischen LSBT+ Komitees.

Das Katholische LSBT+ Komitee

ist ein kirchenpolitisches ArbeitsbĂŒndnis von Katholik*innen aus verschiedenen christlichen LSBT+ Gruppen und setzt sich fĂŒr die Gleichberechtigung von LSBT+ Personen in der römisch-katholischen Kirche ein. Zu den Mitgliedsgruppen zĂ€hlen Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V., Netzwerk katholischer Lesben e.V. (NkaL), AG Schwule Theologie e.V., Katholische Schwule Priestergruppen Deutschlands (KSPD), KjGay der KjG (Katholische junge Gemeinde), LesBiSchwule Gottesdienstgemeinschaften (LSGG), Initiative Homo Cusanus. Das Katholische LSBT+ Komitee ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft katholischer Organisationen Deutschlands (AGKOD).

Pressekontakt:
Veronika GrÀwe
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschĂŒtzt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Markus Gutfleisch
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschĂŒtzt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Tel. +49 151 112 63 998